GUIDO QUADFASEL - Ehrenamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Havelaue
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18.01.2010, 13:57 Uhr | MAZ \"Westhavelländer\" vom 18.01.2010
GESCHICHTE: Mit Spargel auf Ersatzteiljagd
Vierte Ausstellung zur Landwirtschaft in den Koloniedörfern eröffnet

 

RATHENOW - Tierproduktion und Pflanzenproduktion wurden getrennt. Ein Agro- Chemisches Zentrum (AC) entstand. In Stölln wurde eine große Milchviehanlage für insgesamt 2700 Tiere gebaut. Die landwirtschaftliche Entwicklung zwischen Rhinluch und Dossebruch war von 1976 bis 1990 durch Spezialisierungen geprägt.
Eine folgenschwere Entwicklung mit negativen Auswirkungen, so Manfred Rogge. „Zur Futterversorgung der Kühe in der Stöllner Milchviehanlage wurden lange Transportwege notwendig. Das Geld blieb praktisch auf der Straße kleben“, sagte der Leiter des Geschichtszirkels des Großderschauer Heimatvereins am Freitagabend zur Eröffnung der nunmehr vierten Ausstellung „Ein Kolonistendorf sucht seinen Weg“. Manfred Rogge, Fritz Neye, Fritz Schulze und Jürgen Wels als maßgebliche Mitstreiter im Geschichtszirkel haben die Großderschauer Landwirtschaftsentwicklung der 25 Jahre vor der politischen Wende erforscht und mit eigenen Erfahrungen bereichert.

Das Ergebnis ihrer Arbeit haben sie auf sechs Informationstafeln zusammengefasst und vor über 80 Besuchern vorgestellt. Die Tafeln komplettieren eine Gesamtausstellung zur Landwirtschaftsentwicklung in den Koloniedörfern um Großderschau von 1945 bis 1990. Da nicht alle erforschten Daten, Fakten und Erlebnisberichte aus dem vierten Abschnitt in der Ausstellung Platz finden konnten, wurde zusätzlich eine Broschüre erarbeitet, die im Kolonistenmuseum gegen einen Unkostenbeitrag erhältlich ist.

Mit dem Auf- und Ausbau der Gemüseproduktion in den 1980-er Jahren verwies Rogge auf eine spezielle Großderschauer Landwirtschaftsentwicklung. So wurde 1982 auf 103 Hektar Kohl angebaut und jeweils von 20 Hektar Möhren und Gurken geerntet. Auch Spargel wurde in der Region angebaut. Für die Großderschauer war das ein sehr wichtiges Gemüse, nicht zuletzt zum Verschenken an einflussreiche Leute, um von ihnen im Gegenzug Ersatzteile für die eigenen Maschinen zu erhalten. Bei Fischern wurde Spargel gegen Aal getauscht, um damit den „Geschenketisch“ zu bereichern.

Viel Zeit habe man dafür aufwenden müssen, erinnerte sich am Freitagabend in den Zuschauerreihen Jürgen Bleick. Der Rhinower war damals maßgeblich beteiligt am Aufbau der Gemüseproduktion. Mit den Jahren wurde die Ersatzteilbeschaffung immer schwieriger. Im Frühjahr 1989 besuchte SED-Politbüromitglied Werner Krolikowski die Landwirte in Stölln und erklärte, dass sie sich um Ersatzteile selbst kümmern müssen und von der Industrie diesbezüglich nichts mehr zu erwarten haben. Rogge dazu am Freitagabend: „Für uns war das damals die Bankrotterklärung der DDR.“

Die Ausstellung macht den Zusammenhang von landwirtschaftlicher und gemeindlicher Entwicklung deutlich. Bereichert wurde die Eröffnung von Bodo Knaak mit Schmalfilmvorführungen aus den 1950-er Jahren und Zeitzeugenerzählungen von Fritz Schulze über die Milchproduktion und Jürgen Wels über die Melioration. (Von Norbert Stein)

aktualisiert von Guido Quadfasel, 17.02.2010, 11:24 Uhr